Lakeside View 2 / 2018

Die angedachte Neuordnung der Index-Landschaft der Deutschen Börse führt zu großen veränderungen in der Zusammensetzung der deutschen Auswahlindizes

München, 12.02.2018: Die Deutschen Börse hat Ende Januar ihre beabsichtigte Änderung der deutschen Indexlandschaft vorgestellt und gibt in der laufenden Konsultationsphase den Marktteilnehmern die Gelegenheit, sich dazu zu äußern. Geplant ist die Aufhebung der industriebasierten Trennung nach „Classic“ und „Tech“ Segment im MDAX und im SDAX sowie eine Erweiterung der Mitglieder in diesen Indizes von 50 auf 60. Parallel dazu wir ein 30 Werte umfassender TecDax stehen. Die Änderung der Indexlandschaft führt zu einer ganzen Reihe von Verschiebungen – eine große Zahl von Unternehmen profitiert von einer mehrfachen Indexzugehörigkeit – ein paar kleine Emittenten verschwinden dafür ganz aus den Indizes.

Bisher sah unsere Indexwelt ein klein wenig anders aus, als in vielen anderen Ländern: An der Spitze der Dax, darunter – für die Unternehmen des „Classic-Segments“ MDAX und SDAX oder aber der MDAX für die Unternehmen aus dem „Tech“ Segment. Historisch gewachsen war diese Struktur in der Nachfolge des NEMAX50, der die TOP 50 Unternehmen des Neuen Marktes abbildete. Die bisherige Trennung in „Classic“ und „Tech“ mutete ja ohnehin schon eine Weile im etwas „altbacken“ an – im Zeitalter der Digitalisierung macht eben der technologische Fortschritt auch vor Eisengießereien oder Apotheken keinen Halt.
Zukünftig schlägt die Börse eine Aufhebung dieser Trennung und eine vollständige Parallelisierung zweier Indexpyramiden vor: Die horizontale Trennung soll also entfallen, so dass auch „Tech“-Unternehmen in den MDAX bzw. SDAX aufgenommen werden können – und umgekehrt Tech-Unternehmen aus dem DAX auch im TecDAX wiederzufinden sind. Damit erhält man zweifellos konsistente Small- und Mid Cap Indizes mit einer höheren Marktkapitalisierung.

Angleichung an Internationale Standards durchaus geboten:

Die Börse möchte mit der geplanten Maßnahme eine Angleichung des deutschen Regelsystems an internationale Standards erreichen – ein Ziel, das mit der geplanten Neustrukturierung sicherlich erreicht werden kann. Die Abdeckung von MDAX und SDAX würde breiter und diversifizierter, last but not least würde eine Umsetzung der vorgeschlagenen Umstrukturierung für eine Ausweitung der Free-Float Marktkapitalisierung aller Indizes sorgen.

Wer Profitiert, wer verliert?

Die angedachte Neustrukturierung der Indizes bringt im Detail betrachtet eine Reihe von Veränderungen für die einzelnen Unternehmen mit sich. Freuen dürfen sich drei DAX-Schwergewichte: SAP, Telekom und Infineon wären zukünftig nicht nur im deutschen Leitindex, sondern auch als liquiditätsstärkste Unternehmen im TecDAX vertreten. Dafür rutschen drei Unternehmen – die „Schlusslichter“ der Rangliste – am Ende aus dem TecDAX heraus – nach derzeitigem Stand könnten dies Adva Optical, Medigene und GFT sein.
Freuen dürfen sich auch eine ganze Reihe von Unternehmen aus dem TecDAX über die gleichzeitige Aufnahme in den MDAX – darunter Wirecard, United Internet, Quiagen, Freenet, 1&1 Drillisch, Sartorius, Siltronic, Telefonica, Morphosys, Software AG, Bechtle, Carl Zeiss Meditec und Dialog Semiconductor – genau voraussagen lässt sich dies zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht, da sich natürlich innerhalb der bestehenden Ranglisten bis zur geplanten Umstellung im September noch Veränderungen ergeben werden. Diese Liste von derzeit 13 Werten macht aber auch deutlich: Die Ausweitung im MDAX um 10 Werte reicht nicht aus, um das „Crowding Out“ zu verhindern – eine Reihe kleinerer Konstituenten wird in den SDAX „hinunterrutschen.
Eine dritte wesentliche Gruppe von Unternehmen aus dem TecDAX wird sich über die zusätzliche Aufnahme in den SDAX freuen – nach heutigem Stand der Indexliste wären dies ebenfalls 13 Werte.

Das „Crowding out“ der „Kleinen“

Der SDAX wird zwar ebenfalls um 10 Unternehmen ausgeweitet – damit werden vor allem die Unternehmen aufgefangen, die wie oben beschrieben, in den SDAX „hinunterrutschen“ – darüber hinaus werden zusätzliche Unternehmen aus dem Tech-Segment hinzugenommen. Würde man die heutigen Indexlisten fortschreiben, würde sich die Gesamtzahl der Unternehmen, die in einem Auswahlindex gelistet sind, und ca. 5 – 6 Unternehmen verringern. Die Schlusslichter im SDAX – darunter derzeit Gerry Weber, MLP, Borusia Dortmund und einige andere – von den Indexlisten ganz verschwinden.

Fazit: Ein fast gelungener Vorschlag

Der Vorschlag der Deutschen Börse gefällt: Das Indexsystem wird klarer und für internationale Investoren leichter verständlich, DAX, MDAX UND SDAX profitieren von einer breiteren Diversifikation und einer größeren Kapitalisierung. Schade ist, dass die Ausweitung von SDAX und MDAX um je 10 Werte nicht ausreichend ist, um dem „Crowding Out“ entgegenzuwirken. Wir würden es begrüßen, wenn die Indexbühne sich insgesamt ein wenig vergrößern würde. Gerade das Segment der Small- und MidCaps verdient es, mehr ins Rampenlicht der internationalen Investorencommunity gebracht zu werden. Leider fallen gerade einige kleine Unternehmen aus den Indizes heraus, während die großen Unternehmen überdurchschnittlich profitieren durch eine „doppelte“ Indexmitgliedschaft.
Diskussionsfähig fänden wir im Rahmen der anstehenden Konsultation, ob nicht auch eine Ausweitung unseres DAX von 30 auf vielleicht 35 Konstituenten geboten wäre. Da ja auch einige DAX-Schwergewichte im TecDAX wiederzufinden sein werden könnte auch hier eine Ausweitung angebracht sein. Andernfalls wäre sicherlich die Ausweitung des SDAX auf 70 Werte eine Option, um dem beschriebenen „Crowding Out“ entgegenzuwirken. Wir hoffen auf eine rege Anteilnahme der Marktteilnehmer an der laufenden Konsultationsrunde.

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